Die Cloud die mir die Features klaut
Ich bin gern der Herr über meine eigene Daten und versuche soweit möglich jeglichen "Only-Online"-Content zu meiden. So entschied ich mich damals vor ca. 5 Jahren dafür, bei der Auswahl einer GPS-Sportuhr ein Modell zu nehmen, bei der ich nicht nur per App die Daten auf ein Onlineportal hochladen muss, um sie zu betrachten. Das Ergebnis war eine Uhr, bei der ich eine Software installierte, welche die Verbindung zur Uhr herstellte und den Download der GPS-Tracks übernahm. Das Ganze konnte man sich dann anschauen, sowohl als einzelne Trackpunkte, als auch in Diagrammen zusammengefasst oder auf einer Google Maps Karte. Man konnte die Aufzeichnung im Zeitraffer abspielen und konnte auf der Karte verfolgen wo man war, bei welcher Geschwindigkeit usw.
Man ahnt es schon, der letzte Punkt ist der, um den es heute geht.
Jahrelang ging alles gut, bis vor ca. 2 Jahren das erste Mal die Karte verschwand. Bla bla bla, Skriptfehler, ungültige API, nerv nerv nerv. Das war der Zeitpunkt, an dem ich mich dann mal damit beschäftigte, wie denn das Programm die Karte einbindet. Ergebnis war, über die Google-Maps-Javascript-API wurden die Wegpunkte gesetzt, dann ein fertiges HTML generiert und das in einem internen Browser in der Anwendung angezeigt. Ein Update für dieses mittlerweile in die Jahre gekommene Programm gibt es nicht und ausweichen auf etwas anderes ist auf Grund der Treiberproblematik für die Uhr nicht so einfach. Ich müsste die Daten mit der bisherigen Software auslesen und dann das GPX- oder KML-File in ein anderes Programm importieren. Was wiederum mit Kosten für die Software verbunden ist und vom Handling her auch nicht so dolle, da mehrere Schritte, die nicht zu automatisieren sind, getan werden müssen. Also musste was anderes her.
Zum Glück nutzt das Programm eine Templatedatei, bei der ich das Aussehen der HTML-Datei bestimmen konnte. Damit war es möglich von der alten Version 2 der Maps-API auf die neuere Version 3 zu migrieren.
Seit August letzten Jahres ist Google aber noch einen Schritt weiter gegangen. Es gibt keine Gratisnutzung der API mehr. Mann muss sich jetzt mit einem API-Key ausweisen. Und um noch eines draufzusetzen, bekommt man einen API-Key nur noch, wenn man auch gültige Zahlungsmöglichkeiten an den Account verknüpft. Anschließend erhält man einen 200$ Freibetrag den man verbrauchen kann, bevor eine wirkliche Zahlung ausgelöst wird. Das sind so rund 100.000 Aufrufe von statischen Karten. Das ist an sich ja alles kein Problem. Könnte ich einrichten, könnte ich in den Skriptdateien irgendwo umkonfigurieren. WILL ich aber nicht. Ich will meine Kreditkarten nicht an einen Googleaccount knüpfen. Ich will nicht, dass Google jeden Kartenabruf auf einen Account mappen kann. Ist das so schwer zu verstehen? Was ist aus dem Internet geworden was ich kannte?
Leider gibt es auch keine andere Möglichkeit eine Karte einzubinden. Ich schaute bei, na klar, OpenStreetMap vorbei und fand auch mit dem Leaflet ein Javascript-API, welche mir die Karte einbinden könnte. Allerdings scheiterte der Versuch, da aus dem Programm heraus weiterhin aus dem Namensraum von Google die Aufrufe ins HTML geschrieben wurden und ich das leider nicht wrappen/ummappen kann.
So stiehlt die Datensucht von Google, mir Features aus einem "Offline"-Programm und ich kann nichts dagegen tun. Die bewusste Entscheidung für meine Daten und nur lokal, hat eine ähnliche Auswirkung wie einem x-beliebigen Cloudanbieter ausgeliefert zu sein. Einfach nur traurig. So sehr ich auch viele der Googleprodukte mag, es wird zu viel und die Verzahnung, so komfortabel sie auch ist, wird langsam gefährlich. Meine Distanz zu Google wächst seit einigen Monaten und wird sich weiter vergrößern.