Früher war alles besser oder die Galaxie auf dem OP-Tisch

Nachdem ich hier im letzten Oktober gleich 4 Beiträge gepostet habe, musste ich mir eine Auszeit gönnen und melde mich nun heute wieder.
Letzten erhielt ich die Anfrage, ob ich nicht ein paar Fotos von einem kaputten Smartphone retten könnte. Das Display war defekt und es reagierte nicht mehr auf Toucheingaben. Ansonsten war es noch funktionstüchtig, wie man am eingestellten Weckerklingeln feststellen konnte. Konkret handelte es sich um ein Samsung Galaxy A3 (2016). Erster Versuch war natürlich USB-Kabel dran, ran an den Laptop und mal schauen, was sich tut. Laden ging schon mal, eingebunden wurde das Gerät auch, allerdings wurden die Partitionen nicht gemountet. Hmm, okay, wahrscheinlich zeigt das Gerät beim Anstecken was an, was bestätigt werden muss, aber durch das Touchproblem und der Bildschirmsperre war im Blindflug nicht zu machen. Also musste ein neuer Plan her.
Laut Beschreibung kam das Smartphone 3-4 mal in Konflikt mit der Schwerkraft und hat diese auch verloren. Spider-App auf Vorder- und Rückseite zeugten davon. Beim letzten Mal ging dann der Bildschirm von oben nach unten hin aus und reagierte nicht mehr auf Eingaben. Meine Hoffnung war nun, dass sich eventuell nur ein Kabel von der Platine gelöst hat. Bei meinem alten Samsung Galaxy S (I9000) hatte ich gute Erfahrungen gemacht. Probleme beim GPS-Empfang konnte ich durch ein paar hochgebogenen Kontakten bekämpfen. Also alles vorbereitet, tear down Videos im Netz gesucht und erstmal den Kopf geschüttelt. Wo ich bei meinem Gerät ohne Schraubenzieher und in 2min bis zur Hauptplatine vorgedrungen war, musste ich mich hier auf eine längere Prozedur einstellen. Der eigentliche Esstisch glich einem OP-Tisch und wurde mit allerlei Werkzeug und Hilfsmitteln bestückt.
Die Rückseite ging noch halbwegs zu lösen, durch das gesplitterte Glas leider keine ungefährliche Angelegenheit. Danach um die 15 Schrauben gelöst und die einen Zwischenträger entfernt. Das Displaykabel zum Mainboard saß bombenfest, das konnte es also nicht sein. Trotzdem mal ab und wieder dran gemacht, man weiß ja nie. Dann hab ich versucht den Akku zu entfernen. Ich hatte bisher Keines, bei dem der Akku verklebt war. Jetzt weiß ich, was das bedeutet. Knapp 30min hat es gedauert, bis ich diesen endlich ausgebaut hatte. Klebstoff überall! Der Akku war so fest drin, dass er sich beim Raushebeln gefährlich bog. Zum Glück hatte ich freie Hand bei dem Gerät, sonst hätte ich ernsthafte Bauchschmerzen gehabt, es nochmal regulär zu benutzen. Gerade bei nem Samsung-Gerät ;)
Akku draußen, also weiter zum Display. Was mich da erwartete, toppt die Akkusache um Längen. Das komplette Display war mit mehreren Lagen Kleber an die Hauptplatine zementiert. Nun war ich etwas in Übung und so ließ sich auch das in einer halben Stunde erledigen. Leider war auch auf der Displayplatine nichts zu sehen, was die Displayprobleme verursachen könnte, sodass ich keine Chance mehr hatte, es noch irgendwie zum Laufen zu bekommen. So fokussierte ich mich jetzt darauf, irgendwie noch an die verbliebenden Daten zu kommen. Mein größtes Problem dabei war, dass ich auf keinen Fall einen Reset machen durfte, das heißt alle Dinge wie CustomROM's flashen waren damit raus. Ich erinnerte mich, dass mein altes Galaxy über einen USB-Jig in den Download-Mode gesetzt werden konnte. Meine Hoffnung war, dass damit die nervige Sperre umgangen wird und die Partition gemountet werder kann.
Im Grunde ist der USB-Jig nur ein kleine USB-Stecker, bei dem die Pins 4 und 5 mit einem 300kOhm Widerstand verbunden werden. Natürlich hatte ich sowas nicht da, aber 3 Jahre Erfahrung mit dem Conrad Adventskalender sollten doch reichen um sich sowas selbst zu bauen. Nun, USB-Kabel lagen zu Hause genug rum, so ging es daran, das Gehäuse des Steckers zu knacken und dann die 2 Pins zu verbinden. Das Knacken war nicht das Problem, aber dann stellte ich mit Schrecken fest, dass bei Pin 4 kein Kontakt war. *facepalm* Daran hab ich natürlich gedacht, dass eventuell kein Kontakt im Stecker dafür ist. Na gut das LG-Kabel flog also weg und die Suche ging weiter. Zum Glück fand ich noch ein Sony-Ladekabel, bei dem auch der 4. Pin einen Kontakt besaß. Also nochmal, Gehäuse knacken, Kabel abisolieren und dann die Widerstände dranlöten. Meine Lötkünste sind echt nicht die Besten und das wurde mir hier häufig bewusst gemacht. Eine dreiviertel Stunde später, war es dann aber geschafft und mein selbstgebaute USB-Jig war fertig. Also ran damit ans Telefon und schauen was das Flashtool sagt. Und Wohooo, endlich mal ein Erfolgserlebnis, ich konnte das Gerät tatsächlich damit in den Download-Mode versetzen. Samsung-Geräte sind echt flashfreundlich, ist man auf der Suche nach einem Gerät für solche Basteleien, dann muss man die Galaxy-Reihe wirklich in Betracht ziehen. Leider konnte ich trotzdem die Partition nicht mounten, durch die Bildschirmsperre und den deaktivierten Debug-Modus gab es keine Möglichkeit mehr an die Daten zu kommen. Naja, shit happens, aber der Nachmittag hat mich zu einigen Erkenntnissen gebracht.
Meine Smartphones werden immer einen Wechselakku bekommen. Für mich gibt es keine Grund, warum man das Teil so fest mit dem Gerät verdongeln sollte. Unibody-Gehäuse sind ein Nogo. Ich will das Gerät öffnen können, ohne es zerstören zu müssen. Die minimalen Vorteile von Staub- und Wasserdicht wiegen das nicht auf. Runtergefallen und Rückseite kaputt? Das möchte ich innerhalb von 15 Sekunden selbst diese Wechseln, ohne Spezialwerkzeug, stundenlanger Kleberentfernung oder sonstigen Handständen. Debugmodus wird auf all meinen Geräten aktiviert. Auch wenn dadurch bei einem Diebstahl der Dieb an meine Daten kommt, aber ich will das auch im Fall der Fälle. Und zu guter Letzt, fürs Löten brauch man Talent und Übung. Beides hab ich nicht und Ersteres wird auch nicht mehr kommen, aber zumindest das Üben hab ich aber in meiner Hand.
Update: Nach Rückfrage stell ich nun doch noch ein Bild des Eigenbaus ins Netz uuuund bitteschön: